Zum Widerruf der Approbation als psychologischer Psychotherapeut wegen sexueller Übegriffe

VG Stuttgart, Urteil vom 1. Oktober 2009 – 4 K 597/09

Sexuelle Übergriffe im besonders schutzwürdigen Bereich des direkten Verhältnisses zwischen Psychotherapeut und Patientin stellen eine schwerwiegende Verfehlung dar, aus der sich die Unwürdigkeit zur Ausübung des Berufs ergibt.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Der 1946 geborene Kläger wehrt sich gegen den Widerruf der ihm mit Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.01.1999 erteilten Approbation als Psychologischer Psychotherapeut.

Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts S. vom 23.07.2008 – 1 Ls 41 Js 30495/07 – wurde der Kläger wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses in sieben Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Der Verurteilung wurde zugrunde gelegt, dass der Kläger bei fünf Patientinnen im Rahmen von Entspannungs- bzw. Atemübungen diesen Patientinnen unter die Kleidung gegriffen und deren Brüste betastet hatte und zweimal im Rahmen einer Hypnosebehandlung, bei der die Patientin jedoch nicht in einen hypnotischen Zustand geraten war, deren Brüste einmal über und einmal unter ihrem BH betastet hatte.

Mit Schreiben vom 13.10.2008 teilte das Landesgesundheitsamt dem Kläger mit, dass der Widerruf seiner Approbation gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 PsvchThG erwogen werde, da wegen dieses Fehlverhaltens eine Unwürdigkeit zur Ausübung seines Berufes anzunehmen sei. Unter Bezugnahme auf sein Vorbringen im Rahmen des sozialgerichtlichen Verfahrens zum Entzug der Kassenzulassung führte der Kläger zunächst am 24.11.2008 im Wesentlichen aus, eine Wiederholungsgefahr bestehe nicht, nachdem er seit dem letzten Vorfall von Januar 2007 bis Oktober 2008 beanstandungsfrei praktiziere und die Therapieanteile bei hypnosuggestiven Verfahren und Atementspannung, die Berührungen beinhalteten, nicht mehr durchführe. Der Beklagte hätte deshalb prüfen müssen, ob als milderes Mittel eine solche Einschränkung oder ein solches Verbot in Betracht komme oder ihm die Möglichkeit, Männer zu behandeln, offen gelassen werde. Ferner fehle es an einer Interessenabwägung, bei der zu berücksichtigen sei, dass seine Frau in der Praxis mitarbeite, der Sohn aufgrund eines Verkehrsunfalls ständiger Hilfe und finanzieller Unterstützung bedürfe und die studierende Tochter ebenfalls unterhalten werden müsse. Ebenso führte er unter dem 30.12.2008 aus, es bestehe keine Bindung an das strafgerichtliche Urteil. Dieses beruhe auf einem Deal. Nachdem der Kläger die Vorwürfe zunächst bestritten habe, habe ihm in einer Pause sein Verteidiger erklärt, dass eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung drohe, wenn er weiter bestreite, worauf er sich letztlich auf die entsprechende Vereinbarung eingelassen habe. Er habe sich auf den Rat seines Anwalts, der aus der strafgerichtlichen Situation heraus vernünftig gewesen sein könne, eingelassen, ohne die sich daraus ergebenden Folgen berufsrechtlicher Art zu übersehen. Die strafrechtlichen Feststellungen seien nicht zutreffend. Sie fänden auch keine ausreichende Grundlage in den Aussagen der Zeuginnen. Es sei nicht zu Missbrauch gekommen, sondern es lägen Fehlwahrnehmungen vor.

Mit Bescheid vom 19.01.2009 widerrief das Landesgesundheitsamt im Regierungspräsidium Stuttgart die dem Kläger am 04.01.1999 durch das Regierungspräsidium Stuttgart erteilte Approbation als Psychologischer Psychotherapeut (Ziffer 1 der Verfügung) und ordnete an, dass die Approbationsurkunde dem Regierungspräsidium Stuttgart nach Rechtskraft dieses Bescheides in Verwahrung zu geben sei (Ziffer 2). Zur Begründung führte es aus, nach § 3 Abs. 2 PsychThG sei die Approbation zu widerrufen, wenn nachträglich die Voraussetzung nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 wegfalle. Somit dürfe sich ein Psychologischer Psychotherapeut nicht eines Verhaltens schuldig gemacht haben, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufes ergebe. Nach ständiger Rechtsprechung sei ein Arzt – und damit auch ein Psychologischer Psychotherapeut als Angehöriger eines anderen akademischen Heilberufs – unwürdig, der wegen seines Verhaltens in der Vergangenheit nicht mehr das zur Ausübung seines Berufes unabdingbar erforderliche Ansehen und Vertrauen genieße und dadurch seinen Berufsstand schwer belastet habe (vgl. BVerwG, NJW 1999, 3425). Zu seinen Berufspflichten im weiteren Sinne gehöre es nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 27, 184, 186), alles zu unterlassen, was das Ansehen des Berufsstandes gefährde. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei ein zu einer Gefängnisstrafe verurteilter Arzt (also auch ein Psychologischer Psychotherapeut) in aller Regel als unwürdig zur Ausübung seines Berufes anzusehen (BVerfGE 32, 307, 314). In seinem Urteil vom 28.07.2003 (NJW 2003, 3647) habe der VGH Baden-Württemberg bestätigt, dass die Unwürdigkeit bei einem schwerwiegenden Fehlverhalten vorliege, das die weitere Berufsausübung als untragbar erscheinen lasse. Der Begriff „Unwürdigkeit“ sei demzufolge daran gebunden, ob ein bestimmtes Verhalten mit dem gesamten Berufsbild und den Vorstellungen in Einklang gebracht werden könne, die ein durchschnittlicher objektiver Betrachter von einem Angehörigen des Berufsstands habe. Dabei seien, wenn wie vorliegend berufliche Fehlhandlungen vorlägen, geringere Anforderungen an das Tatbestandsmerkmal der Unwürdigkeit zu stellen als bei sonstigen außerberuflichen Verstößen. Eine solche Unwürdigkeit sei vorliegend gegeben. Der Kläger sei rechtskräftig wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses in sieben Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt worden. Danach sei er während der Behandlung hinter die auf einem Stuhl sitzenden Patienten getreten und habe diese aus sexuellen Motiven an den Brüsten betastet. Dabei sei er sich als erfahrener Therapeut bewusst gewesen, dass solche Handlungen nicht nur therapiewidrig seien, sondern auch nur deshalb ohne Widerstand durch die geschädigten Patientinnen geduldet worden seien, weil sie sich in einem Vertrauens- und Abhängigkeitsverhältnis in der konkreten Therapiesituation befunden hätten. Ihm sei klar gewesen, dass er ohne Ausnutzen der Behandlungssituation die sexuellen Handlungen nicht hätte derart vornehmen können. Um der Verwirklichung seiner sexuellen Bedürfnisse willen habe er gerade dieses besondere Verhältnis der angewandten therapeutischen Übungen oder Behandlungen ausgenutzt, um die Zeuginnen an den Brüsten berühren zu können. Das Vertrauen der seine Hilfe als Therapeut suchenden Patientinnen sei ihm dabei zupass gekommen. Nach der Rechtsprechung sei das erkennende Gericht an die Tatsache der rechtskräftigen Verurteilung gebunden und nicht verpflichtet, den Sachverhalt erneut aufzugreifen und zu bewerten (BVerwG, B. v. 16.10.1986, NJW 1987, 1501; OVG Lüneburg, B. v. 02.03.2007, NVwZ-RR 2007, 396); dies gelte auch für die Verwaltungsbehörde. Aus berufsrechtlicher Sicht sei das schwerwiegende Fehlverhalten als unwürdige Berufsausübung zu beurteilen. Einem Psychologischen Psychotherapeuten, der das in ihn gesetzte Vertrauen mehrerer Patientinnen zur Befriedigung seiner eigenen sexuellen Bedürfnisse missbraucht und sich – wie im Strafurteil dargelegt – an ihnen vergangen habe, seien die inneren Werte und die erforderliche Haltung abzusprechen, die von einem Angehörigen seines Berufs erwartet werden müssten. Von einem Psychologischen Psychotherapeuten sei gerade in diesem Bereich zu erwarten, dass er sich äußerste Integrität und Zurückhaltung auferlege. Tue er das nicht, zerstöre er das für die Ausübung seines Berufes in besonders hohem Maß erforderliche Vertrauen seiner Patienten und füge dem Berufsstand insgesamt großen Schaden zu. Er genieße in der Öffentlichkeit nicht mehr das zur Ausübung seines Berufs gerade im Bereich der sexuellen Integrität erforderliche Ansehen. Die Unwürdigkeit stelle allein auf ein Verhalten in der Vergangenheit ab und bedürfe keiner Prognoseentscheidung in Bezug auf eine künftige ordnungsgemäße Erfüllung der Berufspflichten (BVerwG, NJW 2003, 3647); VGH Baden-Württemberg, B. v. 28.07.2003, NJW 2003, 3447, Bayr. VGH, B. v. 25.10.05, 21 ZB 04.794). Damit sei unbeachtlich, dass seit dem Begehen der letzten Tat zwei Jahre vergangen seien und er seinen Beruf habe weiter ausüben können. Durch sein Verhalten seien sein und das Ansehen seines Berufsstands auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch erheblich in Mitleidenschaft gezogen. Bei der Allgemeinheit und erst recht bei den Patienten stieße es auf Unverständnis, wenn er bei derart schwerwiegenden Pflichtverletzungen seinen Beruf trotz der rechtskräftigen Verurteilung ununterbrochen weiter ausüben könnte. Ein Ermessen stehe der Behörde nicht zu. Der Bescheid wurde dem Kläger am 22.01.2009 zugestellt.

Der Kläger hat am 18.02.2009 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben.

Zur Begründung seiner Klage nimmt er Bezug auf seine Ausführungen gegenüber dem Sozialgericht Stuttgart im Schriftsatz vom 12.01.2009, worin er dasselbe wie im Anhörungsverfahren vorträgt. In der mündlichen Verhandlung trägt er ergänzend vor, es sei zu berücksichtigen, dass im berufsgerichtlichen Verfahren, das ausgesetzt worden sei, eine Nachtragsanklage auf ihn zukommen könne.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.01.2009 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht er sich auf die angefochtene Verfügung und trägt ergänzend vor, ein Abweichen von den strafgerichtlichen Feststellungen komme nur unter besonderen Umständen in Betracht, wenn z.B. Wiederaufnahmegründe vorlägen, die maßgeblichen Feststellungen des Strafgerichts erkennbar auf einem Irrtum beruhten oder die Approbationsbehörde ausnahmsweise in der Lage sei, eine für ihre Entscheidung erhebliche strittige Tatsache besser als das Strafgericht aufzuklären. Der Kläger habe sich nach seinen eigenen Angaben auf einen Deal eingelassen und in diesem Rahmen die Anklagevorwürfe voll bestätigt, so dass sein Geständnis eine erforderliche Beweiserhebung ersetzt habe. Selbst wenn er jetzt sein Geständnis widerrufe, um die berufsrechtlichen Folgen abzumildern, sei nicht erkennbar, dass er im Strafverfahren ein falsches Geständnis abgelegt habe, so dass eine Beweiserhebung nicht erforderlich sei. Der Kläger habe trotz seiner geäußerten Zweifel an der Richtigkeit des Strafurteils auch keinen Rechtsbehelf eingelegt, so dass er den Sachverhalt gegen sich gelten lassen müsse.

Die Akten des Beklagten sowie die Strafakten liegen dem Gericht vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf deren Inhalt ebenso wie auf die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.

Der Widerruf der Approbation findet seine Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder und Jugendlichenpsychotherapeuten (Psychotherapeutengesetz – PsychThG). Danach ist die Approbation zu widerrufen, wenn nachträglich die Voraussetzung nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 wegfällt. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 PsychThG ist eine Approbation u. a. zu erteilen, wenn der Antragsteller sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich die Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufs ergibt.

Zu Recht hat der Beklagte den Kläger als unwürdig beurteilt.

Eine Unwürdigkeit (des Arztes) liegt vor, wenn er durch sein Verhalten nicht mehr das Ansehen und Vertrauen besitzt, das für die Ausübung seines Berufs unabdingbar nötig ist. Diese Definition knüpft die Feststellung der Berufsunwürdigkeit im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit an hohe Voraussetzungen. Sie verlangt ein schwerwiegendes Fehlverhalten des Arztes, das bei Würdigung aller Umstände eine weitere Berufsausübung im maßgeblichen Zeitpunkt untragbar erscheinen lässt. Entscheidend ist hierbei, dass das Verhalten für jeden billig und gerecht Denkenden als Zerstörung der für die ärztliche Tätigkeit unverzichtbaren Vertrauensbasis erscheint (vgl. BVerwG, Beschl. V. 28.01.2003, – 3 B 149/02 -, ). Diese für den Beruf des Arztes entwickelten Kriterien zur Bestimmung des Begriffs der Unwürdigkeit sind in vollem Umfang auf den Beruf des Psychotherapeuten zu übertragen, da auch dieser im Bereich der Heilkunde tätig ist.

Das Verhalten des Klägers, das der strafgerichtlichen Verurteilung durch das Amtsgericht S. zugrunde liegt, stellt ein derart schwerwiegendes Fehlverhalten dar. Nach dessen Feststellungen hat der Kläger in fünf Fällen im Rahmen von Entspannungs- bzw. Atemübungen seinen Patientinnen unter die Kleidung gegriffen und deren Brüste betastet sowie zweimal im Rahmen einer Hypnosebehandlung, bei der die Patientin jedoch nicht in einen hypnotischen Zustand geraten war, deren Brüste einmal über und einmal unter ihrem BH betastet. Diese Feststellungen legt das Verwaltungsgericht auch seiner Entscheidung zugrunde. Nachdem selbst die in einem rechtskräftigen Strafbefehl enthaltenen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen regelmäßig zur Grundlage einer behördlichen oder gerichtlichen Beurteilung der betroffenen Persönlichkeit gemacht werden dürfen, soweit sich nicht gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit solcher Feststellungen ergeben, gilt dies erst Recht für ein auf der Grundlage einer Hauptverhandlung ergangenes Strafurteil (vgl. BVerwG, Beschl. v. 03.03.2003, 3 B 10/03 -, und Urt. v. 26.09.2002 – 3 C 37.01, NJW 2003, 913).

Den vom Kläger gegen das Strafurteil erhobenen Einwendungen lassen sich keine gewichtigen Anhaltspunkte entnehmen, dass die hierin getroffenen Feststellungen unrichtig sein könnten. Zunächst ist festzustellen, dass die Verurteilung nicht allein aus den vom Kläger im Detail angegriffenen Aussagen der Zeuginnen beruht, sondern dass zunächst sein Verteidiger in der Hauptverhandlung erklärt hat, dass der Angeklagte, d.h. der Kläger, die Taten in der Anklageschrift vollumfänglich einräume und der Kläger selbst angegeben hat, dass diese Erklärung seines Anwalts auch in seinem Namen erfolgt sei, er sie als richtig bestätige und sie als seine Einlassung gelten lasse. Er hat nicht nur auf Frage des Gerichts noch erklärt, er wisse nicht, wie er sich habe so fehlverhalten können, sondern darüber hinaus noch im Termin auf Rechtsmittel verzichtet (vgl. Protokoll der Hauptverhandlung v. 23.07.2008). Soweit der Kläger darauf hinweist, es habe sich hierbei um einen Deal gehandelt, so vermag dies die Richtigkeit der Feststellungen nicht infrage zu stellen. Auch wenn ein sog. Deal vorliegt, besagt dieser Umstand nicht, dass der Kläger ein falsches Geständnis abgelegt hat, sondern er bedeutet lediglich, dass der betroffene Angeklagte im Gegenzug für ein Geständnis, das weitere Ermittlungen überflüssig macht oder den geschädigten Zeuginnen ein erneutes Auftreten vor Gericht erspart, ein milderes Urteil erhält, d.h. er andernfalls eine höhere Strafe hätte erwarten können. Aufgrund dessen hat das Gericht keine Veranlassung, der Kritik des Klägers an der Beweiswürdigung des Strafrichters anhand aus dem Zusammenhang gerissener Äußerungen der Zeuginnen im Vorfeld, deren Glaubwürdigkeit er infrage stellen möchte, nachzugehen und diese selbst zu vernehmen. Das ist vor dem Hintergrund, dass der Strafrichter keine geringeren Erkenntnismöglichkeiten als das Verwaltungsgericht und er darüber hinaus den Vorteil einer zeitnäheren Feststellung hatte, nicht geboten. Darüber hinaus ist auch kein Grund für eine (im Strafprozess nicht erhobene) Wiederaufnahmeklage gemäß § 359 StPO erkennbar. Soweit der Kläger darauf verweist, dass im berufsgerichtlichen Verfahren ggf. eine Nachtragsanklage erhoben werden soll, in der zusätzliche Vorwürfe gegen ihn erhoben werden, ist dieser Vortrag von vornherein nicht geeignet, Zweifel an der Richtigkeit der strafgerichtlichen Feststellungen aufzuwerfen.

Aus diesen Feststellungen ergibt sich, dass der Kläger unwürdig zur Ausübung seines Berufs ist. Denn das gezeigte Verhalten, das sich nicht nur über einen längeren Zeitraum von mehreren Jahren hingezogen und auf mehrere Patientinnen bezogen hat, sondern sich gerade im besonders schutzbedürftigen Bereich des direkten Verhältnisses zwischen Therapeut und Patientin manifestiert hat, stellt eine schwerwiegende Verfehlung dar, die eine weitere Berufsausübung untragbar erscheinen lässt.

Soweit der Kläger darauf hinweist, es sei zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass er sich in der letzten Zeit nichts mehr habe zuschulden kommen lassen, so dass nicht mit der Begehung weiterer Straftaten zu rechnen sei, räumt dieser Gesichtspunkt seine Unwürdigkeit zur Ausübung seines Berufs nicht aus. Davon abgesehen, dass es eine Selbstverständlichkeit darstellen sollte, dass er sich nicht wieder zu Lasten seiner Patientinnen strafbar gemacht hat, ist der Widerruf der Approbation nicht auf den Grund der Unzuverlässigkeit gestützt worden, der eine negative Prognose voraussetzt, sondern auf die Tatsache, dass der Kläger sich als unwürdig im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 PsychThG erwiesen hat.

Die Entscheidung erweist sich auch im Hinblick auf den damit verbundenen Eingriff in die Berufsfreiheit nicht als unverhältnismäßig, sondern sie ist durch die überragende Bedeutung des Schutzes des Ansehens seiner Berufsgruppe im Interesse eines funktionierenden Therapeut-Patienten-Verhältnisses gerechtfertigt. Auch das fortgeschrittene Lebensalter des Klägers führt zu keiner anderen Beurteilung, denn hinsichtlich beruflich gebotener Verhaltensweisen kann es keinen Unterschied hinsichtlich des Vorwurfes der Unwürdigkeit geben. Nachdem eine Approbation weder teilbar noch einschränkbar ist, kommt auch deren teilweiser Widerruf nicht in Betracht (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 28.07.2003, NJW 2003, 3647).

Da somit bereits die strafrechtlich geahndeten Übergriffe des Klägers gegenüber seinen Patientinnen die Feststellung der Unwürdigkeit tragen, erweist sich der Widerruf der Approbation als rechtmäßig, ohne dass abzuklären ist, inwieweit weitere Vorwürfe, die eventuell Gegenstand einer Nachtragsanklage im berufsgerichtlichen Verfahren sind, oder inwieweit Verstöße gegen berufsrechtliche Verhaltensregeln festgestellt werden können. Ein Ermessen ist der Behörde nicht eingeräumt, es handelt sich um eine gebundene Entscheidung.

Die weitere Anordnung, die Approbationsurkunde zurückzugeben, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 52 LVwVfG, wonach die zuständige Behörde eine Urkunde zurückfordern kann, die auf einem Verwaltungsakt beruht, der unanfechtbar widerrufen oder zurückgenommen oder dessen Wirksamkeit aus einem anderen Grund nicht oder nicht mehr gegeben ist. Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist, dass sichergestellt wird, dass behördliche Urkunden, die eine nicht bzw. eine nicht mehr bestehende Befugnis dokumentieren, keine Verwendung mehr finden. Ermessensfehler sind nicht erkennbar.

Die Klage ist somit abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

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